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„Eco-anxiety“: Wie hängt die Umweltangst mit dem subjektiven Wohlbefinden junger Menschen zusammen?
Der Klimawandel, der hauptsächlich durch menschliche Aktivitäten verursacht wird, führt zu einer Zunahme von Extremwetterereignissen wie Dürren und Überschwemmungen, extremer Hitze und Kältewellen.
In mehreren europäischen Ländern, darunter Luxemburg, Belgien und Deutschland, haben beispielsweise die europäischen Überschwemmungen 2021 mehr als zweihundert Menschen das Leben gekostet und die lokale Bevölkerung weitgehend unvorbereitet getroffen (Kreienkamp et al., 2021).
Neben den materiellen Schäden haben die betroffenen Bevölkerungen durch dieses extreme Wetterereignis, aber auch durch den Klimawandel im Allgemeinen, psychische Kosten erlitten. Eine besondere psychosoziale Folge, die junge Menschen in den Entwicklungsländern betrifft, ist die Umweltangst („eco-anxiety“).
Wie genau hängt die Umweltangst mit dem subjektiven Wohlbefinden junger Menschen zusammen?
Erforschung des Zusammenhangs zwischen Umweltangst und subjektivem Wohlbefinden
Wir definierten Umweltangst („eco-anxiety“) als „die Angst, die Menschen haben, wenn sie ständig von den bösen und bedrohlichen Problemen des Klimawandels umgeben sind“ (Hayes et al., 2018). Der Begriff „Umweltangst“ wird manchmal verwendet, um auch andere negative Emotionen wie Sorgen, Nervosität, Angst, Schuldgefühle und Traurigkeit einzuschließen (Clayton & Karazsia, 2020). Für unsere Analyse haben wir kein direktes Maß für Umweltangst verwendet, sondern eine Frage nach dem Grad der Sorge um die Umweltbedingungen zukünftiger Generationen.
Wir definierten subjektives Wohlbefinden als die selbstberichtete kognitive und emotionale Bewertung des eigenen Lebens (Diener et al., 2002). Für eine detaillierte Beschreibung der wichtigsten Facetten des subjektiven Wohlbefindens siehe Forgeard et al. (2011).
Für unsere Analyse haben wir zwei Dimensionen des subjektiven Wohlbefindens gewählt, die in der akademischen Diskussion über Wohlbefinden gut etabliert sind: affektiv-hedonisches Wohlbefinden (hier: „Glück“) und kognitiv-evaluatives Wohlbefinden (hier: „Lebenszufriedenheit“).
Die Forschung zu Umweltangst und subjektivem Wohlbefinden ist bisher weitgehend unerschlossen.
Erkenntnisse in einer der reichsten (und glücklichsten) Gesellschaften der Welt
Wir haben untersucht, wie die Umweltangst junger Menschen in Luxemburg mit ihrem subjektiven Wohlbefinden vor, während und nach den schweren Überschwemmungen im Sommer 2021 zusammenhängt und inwieweit sich der Zusammenhang zwischen Umweltangst und subjektivem Wohlbefinden in Abhängigkeit von der räumlichen Nähe zur Überschwemmung verändert.
Die Befragung einer repräsentativen Stichprobe junger Menschen in Luxemburg im Alter von 12 bis 29 Jahren ergab folgende Ergebnisse:
- Umweltangst scheint unter jungen Menschen in Luxemburg zu existieren.
- Umweltangst stand in unterschiedlichem Zusammenhang mit zwei Dimensionen des subjektiven Wohlbefindens junger Menschen: Umweltangst stand in positivem Zusammenhang mit dem Glücksempfinden der jungen Befragten, aber ansonsten nicht mit ihrer allgemeinen Lebenszufriedenheit – weder positiv noch negativ.
- Die räumliche Nähe zum europäischen Hochwasser 2021 hatte keinen Einfluss auf den Zusammenhang zwischen Umweltangst und dem subjektiven Wohlbefinden der Jugendlichen (weder Lebenszufriedenheit noch Glück).
Die beiden vorangegangenen Ergebnisse könnten erklären, warum die meisten (jungen) Menschen in den Industrieländern weniger bereit sind, energische Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen, und nicht bereit sind, ihre täglichen Komfortbedingungen anzupassen.
Die Erforschung der Umweltangst und des subjektiven Wohlbefindens junger Menschen in Luxemburg ist aus den folgenden Gründen besonders relevant.
Als Land mit dem weltweit höchsten Bruttoinlandsprodukt und einem Platz unter den Top 10 der glücklichsten Länder (Heliwell et al., 2022) stellt Luxemburg einen „Extremfall“ in Bezug auf die sozioökonomische Entwicklung und das Wohlbefinden dar: Im globalen Durchschnitt geht es den Menschen (einschließlich der Jugend) sehr gut. Gleichzeitig hat Luxemburg, abgesehen von Katar, einen der schlechtesten ökologischen Fußabdrücke der Welt (World Population Review, 2023).
Die Analyse der Umweltangst junger Menschen ermöglicht es uns, besser zu verstehen, wie Individuen und Gesellschaften mit dem Klimawandel umgehen. Unsere Forschung zur Umweltangst kann dazu beitragen, wirksame Strategien zur Abschwächung der negativen Auswirkungen des Klimawandels zu entwickeln.
Im folgenden Abschnitt werden unsere wichtigsten Ergebnisse im Detail erläutert.
Jugendliche mit Umweltangst waren glücklicher
Unsere Ergebnisse zeigen, dass Umweltangst sehr positiv mit Glücklichsein und überhaupt nicht mit Lebenszufriedenheit zusammenhängt. Obwohl Umweltangst mit Glück assoziiert ist, das wir als eine Form des affektiv-hedonischen Wohlbefindens verstehen, scheint Umweltangst keinen Einfluss auf die Lebenszufriedenheit zu haben, die eine tiefere und ganzheitlichere kognitive Dimension des subjektiven Wohlbefindens ist.
Die Tatsache, dass Umweltangst nur mit der Lebenszufriedenheit junger Menschen zusammenhängt, und zwar in positiver Weise, deutet darauf hin, dass Umweltangst ein positives psychosoziales Konstrukt ist, das jungen Menschen ein gewisses Gefühl von (Generationen-)Identität und Lebensstil vermittelt, das von der Motivation angetrieben wird, in einer Weise zu handeln, die gesellschaftlich belohnt wird, und nicht zu einer insgesamt negativen psychologischen Wahrnehmung des Klimawandels und der menschlichen Untätigkeit führt.
Entsprechende Studien zum subjektiven Wohlbefinden und zu den Begriffen „grünes Selbstbild“ und „grünes Verhalten“ weisen in eine ähnliche Richtung (z. B. Welsh, Binder und Blankenberg, 2021).
Umweltangst hat keinen Einfluss auf die allgemeine Lebenszufriedenheit der jungen Menschen
Dennoch könnte die Tatsache, dass Umweltangst nur mit Glück und nicht mit Lebenszufriedenheit zusammenhängt, erklären, warum die meisten (jungen) Menschen in den Industrieländern nach wie vor weniger geneigt sind, über kleinere, diskrete Formen des Aktivismus hinaus energische Maßnahmen gegen den Klimawandel zu ergreifen, wie z. B. die Teilnahme an gelegentlichen öffentlichen Demonstrationen zugunsten von Klimaschutzmaßnahmen oder die Übernahme einiger nachhaltiger Konsumgewohnheiten.
Man könnte argumentieren, dass radikale Verhaltens- und Lebensstiländerungen nur dann zu erwarten wären, wenn die Umweltangst stark mit der Lebenszufriedenheit oder mit anderen evaluativ-kognitiven Dimensionen des subjektiven Wohlbefindens verbunden wäre, die persönliche Leistungen oder tiefe Gefühle von Sinn und Zweck im Leben umfassen.
Die Nähe zu den von Überschwemmungen betroffenen Gebieten hatte keinen Einfluss darauf, wie die Umweltangst mit dem subjektiven Wohlbefinden zusammenhängt
Die Überschwemmungen schienen keinen Einfluss darauf zu haben, wie die Umweltangst mit dem subjektiven Wohlbefinden zusammenhängt, selbst wenn die Personen ihnen sehr stark ausgesetzt waren.
Dies ist überraschend, wenn man bedenkt, wie klein das untersuchte Land, Luxemburg, im Vergleich zu nahegelegenen Regionen in europäischen Ländern wie Frankreich, Deutschland, Italien oder Spanien ist.
Dies deutet darauf hin, dass extreme Wetterereignisse in hochentwickelten Regionen oder Ländern die Menschen nicht generell betreffen, selbst wenn sie sie direkt erleben. Daher können politische Entscheidungsträger und regionale/nationale Gesetzgeber*innen nicht erwarten, dass die Menschen ihre Verhaltens- und Konsummuster an das Maß anpassen, das für eine effizientere Bekämpfung des Klimawandels erforderlich ist.
Ähnliche Studien (z.B. Connell et al., 1999; ElHaffar er al., 2020; Park & Lin, 2020) haben gezeigt, dass Individuen den Klimawandel als ein Problem erkennen und sich zu umweltfreundlichen Ideen und Verhaltensweisen bekennen wollen. Sie sind jedoch nicht bereit, Verantwortung für den Umweltschutz zu übernehmen, wenn dies bedeutet, dass sie ihre täglichen Komfortbedingungen ändern müssen.
Empfehlungen für die Politik
Langfristig werden die jungen Menschen von heute und die Gesellschaft, in der sie leben, auf schrittweise strukturelle Veränderungen in der globalen Architektur der Klimapolitik angewiesen sein, um die Dekonstruktion ihrer Lebenswelt zu bekämpfen und abzumildern. In dieser Hinsicht könnten einige politische Empfehlungen dazu beitragen, das Bewusstsein für die Auswirkungen des Klimawandels unter der Jugend und der luxemburgischen Bevölkerung im Allgemeinen zu erhöhen:
- Förderung einer nachhaltigen Politik von unten nach oben sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor durch die Organisation nationaler oder internationaler (virtueller oder physischer) Kongresse, auf denen junge Menschen, politische Entscheidungsträger, Aktivist*innen und die Zivilgesellschaft zusammenkommen, um Ideen und Vorschläge auszutauschen und neue Strategien zu diskutieren (Andersen, 2015; Raducu et al., 2020; Schreurs, 2008)
- Online-Informationskampagnen in sozialen Medien starten, um junge Menschen mit fundierten wissenschaftlichen Informationen über den Klimawandel und lokale und nationale Maßnahmen zu seiner Bekämpfung zu informieren (Anderson, 2017; Schäfer, 2012)
- Jungen Menschen durch koordinierte öffentliche Maßnahmen die Möglichkeit bieten, sich an verschiedenen freiwilligen Outdoor-Aktivitäten zu beteiligen, um ihnen das Gefühl zu geben, dass sie tatsächlich etwas gegen den Klimawandel unternehmen (z. B. monatliche kollektive Baumpflanzungen in verschiedenen Gegenden Luxemburgs). Dies wird es auch ermöglichen, eine stärkere Verbindung zur Natur zu entwickeln (Ganzevoort und Van den Born, 2020; Guiney und Oberhauser, 2009).
- Verstärkung expliziter Anreize zur Förderung nachhaltiger Verhaltensweisen, die sowohl für Einzelpersonen als auch für private Organisationen den Sinn und die Bedeutung der Bekämpfung des Klimawandels erhöhen können (z. B. Rabatte für die Nutzung bestimmter Produkte und Dienstleistungen; Erhöhung der Anzahl und Qualität von Grünflächen) (Shadrina et al., 2022; Young et al., 2010).
- Beschleunigung des Ausbaus des öffentlichen Verkehrs (z. B. neue Straßenbahn- und Zuglinien) Es gibt Regionen, in denen junge Menschen immer noch darauf angewiesen sind, dass ihre Eltern sie überall hinfahren. Dadurch wird es für junge Menschen einfacher, die Vorteile des öffentlichen Verkehrs zu erkennen und weniger bereit zu sein, in Zukunft ausschließlich private Verkehrsmittel zu nutzen (Beirão und Cabral, 2007; Nurdden et al., 2007)
- Verbesserung der Ästhetik/Schönheit der Urbane Parks. Dies wird es der Jugend ermöglichen, eine engere Beziehung zur Natur zu entwickeln und sie mehr zu schätzen (Hoyle, 2020; Tomotaka et al., 2021)
Verwendete und empfohlene Quellenangaben
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